Digitale Transformation. Sustainability. Zwei Megatrends und wohl die am meisten genutzten Buzzwords der letzten Jahre. Dass die digitale Transformation und die Transformation hin zum nachhaltigen Wirtschaften zwei der größten Herausforderungen unserer Zeit sind und enormen Einfluss auf Gesellschaft und Wirtschaft haben, sollte heute allgemein bekannt sein.

Bedeutet mehr Digitalisierung auch mehr Nachhaltigkeit?

Nun tut sich ein weiteres, neues Buzzword auf: „Digitainability“, eine Mischung aus Digitalisation und Sustainability. Gehören diese beiden Begriffe wirklich zusammen? Ist Digitalisierung immer nachhaltig? Und bedingt Nachhaltigkeit immer auch die Digitalisierung? Schaut man sich die großen Innovationen der letzten Jahre an, lässt sich daran zweifeln. Städte, Gebäude und Stromnetze werden smart, aber werden sie dadurch auch ökologisch? Die sozialen Medien spielen eine große Rolle in unserem Alltag, aber sind diese wirklich sozial? Die Antwort lautet bei beiden Beispielen nein. Technologische und digitale Innovationen sind zumindest nicht AUTOMATISCH nachhaltig – sie können beispielsweise auch mit hohem Energieverbrauch – z.B. in Rechenzentren – verbunden sein, man denke nur an das Beispiel Blockchain, die unglaublich energieintensiv und dadurch zumindest in ihrer aktuellen Nutzung nicht ökologischer ist als andere Lösungen.

Digitalisierung als Tool für mehr Nachhaltigkeit

Dennoch steht fest: Die Digitalisierung unterstützt und fördert bereits in vielen Bereichen Nachhaltigkeit wie bei Energieeffizienz, Abfallvermeidung und Lieferkettenmanagement.

Ein konkretes Beispiel: Durch das Abhalten von Videokonferenzen und den damit wegfallenden Anreisen zu Meetings können wir enorme Mengen an CO2-Emissionen sparen. Auf der anderen Seite ist der Energieverbrauch von Servern und Datenzentren enorm angestiegen. Wie also die Nachhaltigkeit von Online-Meetings bewerten? Lässt man die Frage nach den Prioritäten mal außen vor (denn: sind ein erhöhter Energieverbrauch durch das Einschalten der Kamera im Online-Meeting mit dem sozialen Aspekt des zwischenmenschlichen Kontaktes aufzuwiegen?) ist eines klar: Zur Bewertung der Nachhaltigkeit als äußerst komplexe Fragestellung und um fundierte Entscheidungen zu treffen, brauchen wir Daten! Und allein hier zeigt sich, wie eng der Zusammenhang der beiden Transformationsprozesse – Digitale Transformation und Nachhaltigkeitstransformation – ist.

So identifizierte der Sustainability Transformation Monitor (STM) 2023, dass eine der größten Hürden für deutsche Unternehmen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung die mangelnde Digitalisierung und die daraus resultierende Schwierigkeit bei der Zusammenführung der Daten sei.

Wie definieren wir Nachhaltigkeit und was treibt die Transformation?

Aber nochmal einen Schritt zurück: „Sustainability“ – Was war das nochmal, was steckt hinter dem Buzzword?

Nachhaltige Wertschöpfung bedeutet sowohl Gewinne zu generieren als auch gleichzeitig ökologischen und sozialen Nutzen zu schaffen. Das Thema Nachhaltigkeit erhielt 1987 erstmals weltweite Aufmerksamkeit, als im Brundtlandt-Bericht das Konzept der nachhaltigen Entwicklung definiert wurde: „Sustainable development meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.“

Angesichts des wissenschaftlich belegten Klimawandels, dessen Folgen in den letzten Jahren durch zahlreiche Katastrophen auch sichtbar und spürbar geworden sind, stelle ich mir nun 35 Jahre nach dem Erscheinen des Brundlandt-Berichts – wie viele Menschen meiner Generation – die Frage, wieso trotz der seit vielen Jahren bekannten Faktenlage in den letzten Jahrzehnten weiter so gewirtschaftet wurde; wie unsere nächsten (hoffentlich) 50-70 Jahre auf diesem Planeten aussehen werden und wie wir dafür sorgen können, dass auch nachfolgende Generationen ihre Bedürfnisse auf dieser Welt stillen können. Man könnte in Verzweiflung und Angst verfallen, doch damit ist niemandem geholfen und wie sich die letzten Jahre gezeigt hat, bringen Katastrophen auch viele Chancen, Ideen und Tatendrang mit sich.

Und dafür gehen seit über vier Jahren junge Menschen auf die Straße. Wurde Anfang des 21. Jahrhunderts die schnelle Verbreitung des Internets und das Aufkommen neuer Technologien wie des Smartphones, sozialer Medien und des Cloud Computings als Booster der digitalen Transformation auf wirtschaftlicher und gesellschaftlicher Ebene angesehen, so lässt sich die Fridays-for-Future-Initiative und der damit verbundene Mut und die Entschlossenheit junger Menschen, politisch und wirtschaftlich im Interesse der Nachhaltigkeit Einfluss zu nehmen, als Booster der Nachhaltigkeitstransformation bezeichnen. Für das Entstehen dieser weltweiten Bewegung waren die Digitalisierung und die sozialen Medien übrigens definitiv eine Voraussetzung, ein schulestreikendes Mädchen in Schweden hätte ohne die weltweite digitale Vernetzung niemals eine solche Wirkung erzielen können.

Beide Transformationsprozesse sind heute zeitgleich in vollem Gange und wirken aufeinander und werden gerne auch als „Twin Transformation“ bezeichnet. Also doch „Digitainability“?

Wie und wo anfangen?

Wie und wo kann man als Unternehmen den Weg zum nachhaltigeren Wirtschaften starten? Das Projekt Nachhaltigkeitstransformation ist wie das der Digitalen Transformation enorm komplex und es fehlt oft an Übersetzungen in konkrete Prozesse und Ziele. Doch die gute Nachricht ist: Meistens ist schon viel da. Kein Unternehmen startet bei null.

Um Nachhaltigkeit anzugehen, sind der Wille und das Wissen des gesamten Unternehmens gefragt, weshalb die Governance Dimension ebenfalls eine entscheidende Rolle im Nachhaltigkeitsmanagement spielt. Nachhaltigkeit gehört also in die Strategie eines Unternehmens.

Der Wert der Daten: Erfolgskontrolle & Glaubwürdigkeit

Nach dem Erfassen des Status Quo im Bereich Nachhaltigkeit braucht es eine klare Definition von Zielen, KPIs und die Evaluation von Erfolgen. Und hier kommen wiederum die Daten ins Spiel. Diese Daten werden mittlerweile nicht nur in Form von Nachhaltigkeitsberichten gesetzlich gefordert, sie werden auch für die interne und externe Unternehmenskommunikation benötigt.

Denn in Sachen Nachhaltigkeit ist heute Ehrlichkeit und Authentizität gefragt. Gerade im Kampf um Fachkräfte, insbesondere der jungen Generation, haben Unternehmen mit Greenwashing keine Chance mehr. Denn Nachhaltigkeit ist längst kein Buzzword und Marketinginstrument mehr. Kund:innen, Mitarbeiter:innen und Fachkräfte sind aufgeklärt und fordern Belege in Form von Daten für wirksame Nachhaltigkeitsmaßnahmen mit echtem Impact.

Um diese Daten zu generieren ist neben der Herausforderung der Verfügbarkeit und dem Sichtbarmachen besonders das Sammeln der Daten eine große Herausforderung. Eine besonders beliebte Vorgehensweise bei Unternehmen ist es, transdisziplinäre Teams aus Mitarbeiter:innen aus verschiedenen Unternehmensbereichen zusammenzustellen, die eine Art „Nachhaltigkeits-Task-Force“ bilden und damit unter anderem ihr Wissen und ihre Erfahrungen über die Unternehmensprozesse aus den verschiedenen Bereichen vereinen.

Cooperation is key!

Für echten Wandel müssen wir alte Denk- und Handlungsweisen überwinden und ein neues, kooperatives Mindset etablieren. Denn nur mittels Kooperation und Ko-Kreation können wir Innovation fördern.

So bringen wir nicht nur unternehmensintern Menschen aus verschiedenen Einheiten zusammen, um das Unternehmen nach vorne zu bringen, sondern dürfen ebenfalls mit anderen Unternehmen zusammenarbeiten. Insbesondere Kooperationen mit Startups können nicht nur in der digitalen, sondern auch in der nachhaltigen Transformation große Chancen für etablierte Unternehmen bedeuten. So entwickeln vor allem Impact Startups in den verschiedensten Branchen nachhaltige Geschäftsmodelle und damit oft Lösungen, die zum nachhaltigen Wirtschaften enabeln. Sogar die Zusammenarbeit mit Wettbewerbern birgt enorme Innovations- und Lernpotenziale. Wenn das kompetitive Mindset überwunden wird, können beispielsweise Themen wie das Sammeln von Daten über die gesamte Lieferkette hinweg gemeinschaftlich angegangen werden.

In diese Sinne: Lasst uns die Zukunft gemeinsam gestalten, egal welche Buzzwords wir dazu benutzen.

Über die Autorin:

Annika Büschgens ist Coach und Consultant im digitalHUB und Projektleiterin des sustainabilityLAB. Die studierte Betriebswirtin mit Schwerpunkt Corporate Development & Strategy hat bereits einige Jahre Erfahrung im Bereich des Social Entrepreneurship und eine Fortbildung als Sustainability Leader absolviert.

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