Steuernews zum Thema Mitarbeiterbeteiligung

Neuer Besteuerungszeitpunkt macht  Mitarbeiterbeteiligung (ESOP) attraktiver

Qualifizierte Mitarbeiter:innen sind die wichtigste Ressource in jedem Unternehmen. Doch das Anwerben und/oder Binden von Fachkräften mittels hoher Einstiegsgehälter ist insbesondere für Startups in der Gründungs- und Wachstumsphase kaum finanzierbar. Eine spannende Alternative bilden hier sog. Mitarbeiterbeteiligungsmodelle. Die Überlegung hinter diesen Modellen ist, die Mitarbeiter:innen am finanziellen Erfolg des Unternehmens teilhaben zu lassen. Unterschieden werden dabei Mitarbeitermodelle in Form echter Eigenkapitalbeteiligung (z.B.: GmbH-Anteile, Belegschaftsaktien etc.), Fremdkapitalbeteiligungen (z.B. Schuldverschreibungen; Mitarbeiterdarlehen) und Mischformen (z.B.: stille Beteiligungen, Genussrechte etc.).

Ausgangslage: Bürokratische und steuerliche Hürden

Bislang waren insbesondere (echte) Mitarbeiterbeteiligungsmodelle aufgrund des hohen bürokratischen Aufwands und der Besteuerungssystematik für Mitarbeiter:innen wenig attraktiv. Dies liegt insbesondere daran, dass Mitarbeiter:innen entweder Geld in die Hand nehmen mussten, um sich aktiv in das Unternehmen zum Verkehrswert einzukaufen, oder im Falle einer unentgeltlichen oder vergünstigten Übertragung der Beteiligung Lohnsteuer auf einen sog. Sachbezug abführen mussten, ohne dass liquide Mittel zugeflossen sind (sog. trockenes Einkommen – „dry income“).

Aufgrund dieser Nachteile erfreuen sich in der Praxis sog. virtuelle Beteiligungen wachsender Beliebtheit, die diese Steuerfolgen im Zeitpunkt der Ausgabe der Anteile vermeiden. Virtuelle Beteiligungen, z.B. in Form von Phantom Stocks oder Stock Appriciation Rights, sind jedoch keine gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsformen und vermitteln somit keine Gestaltungsrechte in der Gesellschaft. Es handelt sich um schuldrechtliche Vereinbarungen, die den/die Mitarbeiter:in vermögensrechtlich so stellt, als hätte er/sie zu einem bestimmten Zeitpunkt Anteile zu einem bestimmten Basiswert erworben.

Neu: Verschiebung des Besteuerungszeitpunkts

Um die echten Beteiligungsformen attraktiver zu machen, hat der deutsche Gesetzgeber zum 1.7.2021 den § 19a Einkommensteuergesetz (EStG) eingeführt. Durch diese Regelung wird vermieden, dass bereits im Zeitpunkt der Übertragung von Gesellschaftsanteilen der darin liegende Sachbezug als Arbeitslohn zu versteuern ist. Voraussetzung für eine spätere Besteuerung ist jedoch, dass die Beteiligung vom Arbeitgeber übertragen wird. Es muss also ein unmittelbares Arbeitsverhältnis zu der Gesellschaft bestehen, deren Anteile ausgegeben werden. Das gilt auch, wenn die Beteiligung mittelbar über eine Personengesellschaft gehalten wird. Mitarbeiterbeteiligungsgesellschaften in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft sind damit von der Vergünstigung nicht umfasst!

Mit Zustimmung des Arbeitgebers kann die Steuer dann zu dem Zeitpunkt fällig werden, wenn die Beteiligung entweder

  • ganz oder teilweise veräußert oder verwertet wird (dies gilt auch bei der Einlage in ein Betriebsvermögen) oder
  • das Arbeitsverhältnis beendet wird,
  • spätestens jedoch nach Ablauf von zwölf Jahren.

Die Besteuerung wird also durch § 19a EStG aufgeschoben, nicht aufgehoben. Zudem ist diese Stundung der Steuer an folgende Voraussetzungen geknüpft:

  • Das Unternehmen des Arbeitgebers darf zum Zeitpunkt der Beteiligung nicht älter als 12 Jahre sein.
  • Das Unternehmen des Arbeitgebers darf die jeweils aktuellen europäischen Schwellenwerte für Kleinstunternehmen sowie kleiner und mittlerer Unternehmen nicht überschreiten.
Erhöhung des Jahresfreibetrags

Ob der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin zusätzlich im Besteuerungszeitpunkt auf den neuen Jahresfreibetrag nach § 3 Nr. 39 EStG in Höhe von bis zu 1.440 EUR (bisher: 360 EUR) zurückgreifen kann, hängt davon ab, ob wiederum die folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Der Vermögensvorteil ist im Rahmen eines gegenwärtigen Dienstverhältnisses entstanden.
  • Der Vorteil wurde allen Mitarbeiter:innen angeboten, die zum Zeitpunkt des Angebotes mindestens ein Jahr ununterbrochen in einem gegenwärtigen Dienstverhältnis zum Unternehmen stehen.
  • Der Freibetrag im Rahmen des Arbeitsverhältnisses wurde im Kalenderjahr noch nicht verbraucht.
Fazit: Da geht noch mehr!

Durch das Zusammenspiel dieser neuen Regelungen wird die echte Mitarbeiterbeteiligung zwar attraktiver. Jedoch bleibt insbesondere die Regelung zum Freibetrag hinter den Erwartungen zurück, die Erhöhung auf 1.440 EUR liegt deutlich hinter den Freibeträgen von Nachbarländern (vgl. Österreich 3.000 EUR) und auch die Voraussetzung, dass die Vorteile grundsätzlich allen Arbeitnehmer:innen angeboten werden müssen, ist im Kontext von Mitarbeiterbeteiligung wohl kaum erfüllbar. Wir hoffen, dass der Gesetzgeber hier zeitnah nachbessert, damit die deutschen Unternehmen und besonders die Startups wettbewerbsfähig bleiben!

Jana Keller ist Rechtsanwältin bei Dr. Neumann, Schmeer und Partner. Seit 2016 berät sie in dieser Position Unternehmen, Forschungseinrichtungen und gemeinnützige Organisationen insbesondere im Bereich Gesellschaftsrecht und Datenschutz.

 

Bildquelle Hintergrund Titelbild oben: © Eisenhans/stock.adobe.com

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