Wie es Babor gelingt, Digitalisierung und Nachhaltigkeit zusammenzudenken

In Zusammenarbeit mit der Fokusgruppe Sustainability & Social Entrepreneurship möchten wir euch ab sofort regelmäßig Unternehmen aus der HUB Community vorstellen, die die Chancen der Digitalisierung nutzen, um sich ökologischer und nachhaltiger aufzustellen. Mit diesen Best Practices möchten wir euch dazu inspirieren, euch über Nachhaltigkeitsthemen, -ziele und -wege auszutauschen.

„Digitalisierung und Nachhaltigkeit sind die beiden großen Themen, denen wir uns heute stellen müssen und für die wir auch im digitalHUB sensibilisieren möchten. Für uns hängen beide Themen eng miteinander zusammen. Im digitalHUB schaffen wir Synergien, um unsere Mitglieder bei beiden Transformationsprozessen zu unterstützen“, sagt Iris Wilhelmi, Geschäftsführerin des digitalHUB Aachen e.V.

Unsere erste Sustainability Best Practice führt uns zu einem unserer mittelständischen Mitglieder, dem Kosmetikunternehmen Babor. Das international tätige Unternehmen hat in diesem Jahr seinen 65. Geburtstag gefeiert und in Eschweiler den Grundstein für ein neues Produktions- und Logistikzentrum – den Babor Beauty Cluster – gelegt. Im Juni dieses Jahres landete Babor außerdem gleich zweimal auf Platz eins des Responsible-Care-Preises, der vom Verband der Chemischen Industrie (VCI) verliehen wird – einmal auf Länder- und einmal auf Bundesebene. Den Preis erhielt Babor für sein Carbon Dashboard, mit dem das Unternehmen seinen CO2-Fußabdruck in Echtzeit monitort.

Der Babor Beauty Cluster, der voraussichtlich Anfang 2023 eröffnet wird, soll mittelfristig energieautark arbeiten.

Um mehr darüber zu erfahren, wie Nachhaltigkeit bei Babor gelebt wird und wie das CO2-Dashboard funktioniert, haben wir uns mit Christoph Vormstein, Quality Manager und Umweltbeauftragter, und Wiebke Thünnesen, Corporate Project und CSR Managerin, getroffen. Schon im Aufzug informiert uns ein Aufdruck darüber, dass wir uns gerade mit Ökostrom aufwärtsbewegen. „Wir haben an vielen Stellen im Unternehmen diese ‚Friendly Reminder‘ platziert, um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, aber auch Besucherinnen und Besucher für Nachhaltigkeitsthemen zu sensibilisieren“, erklärt uns Christoph Vormstein.

Carbon Dashboard überwacht CO2-Emmissionen in Echtzeit

Seine Nachhaltigkeitsziele für 2025 hat Babor in seiner Green Agenda festgehalten. Eines der Hauptziele, die sich Babor gesetzt hat, ist es, bis 2025 die CO2-Emmissionen um 50 Prozent zu reduzieren. Um das zu erreichen, hat Babor 2020 ein Sustainability Board, bestehend aus 6 Mitarbeiter:innen einberufen, das sich einmal pro Monat trifft. „Alle Board-Mitglieder stammen aus verschiedenen Bereichen des Unternehmens, Wiebke ist beispielsweise Project Managerin und ich bin Qualitätsmanager. Wir alle stecken in unterschiedlichen Unternehmensprozessen drin. So erreichen wir eine viel stärkere Durchdringung, als es durch eine eigens eingerichtete Sustainability-Abteilung der Fall wäre“, sagt Vormstein.

Die Green Agenda von Babor

Im ersten Schritt sollte eine CO2-Bilanz für das gesamte Unternehmen erstellt werden. „Nach unserem ersten, sehr manuell zusammengesuchten CO2-Bericht sind wir dann auf die Idee gekommen, für unseren sogenannten Corporate Carbon Footprint ein vollautomatisches Tool zu bauen, mit dem wir tagesaktuell unsere Emissionen überblicken können – anstatt nur einmal im Jahr eine Auswertung zu machen“, erklärt Vormstein. Das Tool basiert auf dem Programm Microsoft Power BI. „Das Dashboard haben wir innerhalb von vier Monaten an den Start gebracht“, berichtet Vormstein. Der Arbeitsaufwand? Ca. drei bis vier Personenstunden pro Woche. Denn die Daten waren alle bereits vorhanden und mussten lediglich aus den verschiedenen Quellen – wie dem ERP-System, vom Stromanbieter oder dem Reisebüro – zusammengetragen und gebündelt werden. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass man beim Erreichen von Nachhaltigkeitszielen nicht als Einzelkämpfer unterwegs ist: Unsere externen Partner und Dienstleister waren beim Reporting der Daten total hilfsbereit. Wir erhalten von nun an regelmäßig per Mail Excel-Dateien, die von unserem Tool automatisch ausgelesen werden“, so Vormstein.

Christoph Vormstein

Christoph Vormstein, Quality Manager und Umweltbeauftragter bei Babor

Gemäß dem Greenhouse Gas Protocol werden im CO2-Dashboard von Babor drei Bereiche (Scope 1 bis 3) beachtet: Neben direkten Emissionen wie dem Fuhrpark, Kältemittel, Drucksachen, Wasserverbrauch und Dienstreisen werden auch alle Arbeitswege der Mitarbeiter:innen miteinbezogen. Mit Hilfe des Dashboards war der Hauptemissionstreiber schnell identifiziert: Dieser liegt nicht etwa in der Produktion – denn dort kommt nur zertifizierter Ökostrom zum Einsatz – sondern in der Mobilität der Mitarbeiter:innen durch die tägliche An- und Abfahrt sowie den Fuhrpark. Diese machen nach dem aktuellen Bericht rund 63% der Unternehmensemissionen aus, gefolgt von Druckerzeugnissen (17%) und Geschäftsreisen (8%).

CO2-Dashboard

Das CO2-Dashboard von Babor

Eingeleitete Maßnahmen zur CO2-Reduktion

Nachdem der Hauptemissionstreiber identifiziert war, hat Babor schnell Maßnahmen eingeleitet, um die CO2-Emmissionen zu reduzieren:

  • Schon vor der Corona-Pandemie hat Babor eine Regelung zum Homeoffice getroffen: In Abstimmung mit der jeweiligen Führungskraft können Mitarbeiter:innen regelmäßig mobil arbeiten.
  • Mitarbeiter:innen, die Fahrgemeinschaften bilden, erhalten einen bevorzugten Parkplatz direkt hinter dem Firmengebäude und sparen sich so jeden Morgen den fünfminütigen Fußweg vom normalen Mitarbeiter:innenparkplatz.
  • Attraktive, gehaltsabhängig geförderte Angebote für Dienstradleasing und ÖPNV-Nutzung bieten allen Mitarbeiter:innen die Möglichkeit, das Auto stehen zu lassen.
  • Für Fahrgemeinschaften von Mitarbeiter:innen in der Produktion wurden 4 Elektroautos kostenlos zur Verfügung gestellt.
  • Auf dem Firmenparkplatz wurden mehrere Elektroladesäulen errichtet, an denen Mitarbeiter:innen kostenlos ihre Autobatterie laden können.
  • Der Fuhrpark von Babor wird bis 2025 komplett auf Elektroautos umgestellt.

Anhand des Dashboards kann Babor die Wirksamkeit seiner Maßnahmen nachverfolgen und hat den Überblick, wo am besten anzusetzen ist. „Mit dem Dashboard haben wir eine objektive Datenbasis geschaffen. Zugriff haben alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wenn es zu signifikanten Abweichungen in den Emissionen kommt, erhalten wir automatische Benachrichtigen“, fasst Vormstein zusammen.

Nachhaltigkeit als Bestandteil der Unternehmens-DNA

Abgesehen vom CO2-Dashboard und den daraus abgeleiteten Maßnahmen verfolgt Babor einen ganzheitlichen Umgang mit Nachhaltigkeitsthemen. Weitere Ziele und Maßnahmen sind im Babor Nachhaltigkeitsreport festgehalten (Green Agenda ab Seite 17).
Seit 2020 ist BABOR durch ein Klimaschutzprojekt gemeinsam mit Climate Partner vollständig klimaneutral (Corporate & Products). Zusätzlich schafft das Unternehmen derzeit eine 10ha große Ausgleichsfläche – den BABOR-Wald – auf dem regional heimische Bäume gepflanzt und erhalten werden.

Babor Wald

Mit dem BABOR-Wald schafft das Unternehmen eine 10 Hektar große Ausgleichsfläche

Neben der Reduzierung der CO2-Emissionen hat sich der Mittelständler bis 2025 viele weitere Ziele gesetzt: die Verpackungen der Kosmetika sollen zu 80 Prozent recyclebar werden, es soll nur noch zertifiziertes Palmöl genutzt werden und die Rezepturen sollen insgesamt so angepasst werden, dass sie immer nachhaltiger werden.

Babor besitzt ein eigenes Blockheizkraftwerk, um möglichst wenig Strom hinzukaufen zu müssen, und setzt auf erneuerbare Energien wie Photovoltaik in Verbindung mit Wärmepumpen und Wärmerückgewinnung. Das Babor Beauty Cluster, das voraussichtlich Anfang 2023 eröffnet wird, soll mittelfristig energieautark arbeiten.

Bei Babor sind noch viele weitere Ideen und Maßnahmen im Sustainability-Bereich geplant wie beispielsweise ein Rooftop-Garden, Plogging-Events (Müllsammlen + Joggen) und Vortragsreihen. Außerdem hat Babor im Mai 2021 zusammen mit der Audi Stiftung für Umwelt die Clean-up-Mission des Green-Startups everwave auf der Donau unterstützt. Die Kooperation hat der digitalHUB am 9. Juni auf dem digitalSUMMIT vorgestellt (siehe Video rechts).

„Die Ideen für die Nachhaltigkeitsmaßnahmen und -aktionen von Babor stammen übrigens nicht nur von der Geschäftsführung oder Mitgliedern des Sustainability Boards – jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter hat die Gelegenheit, Aktionen und Ideen vorzuschlagen. Die Idee für den Rooftop Garden ist beispielsweise bei einem unternehmensweiten Brainstorming anlässlich des World Earth Day im April 2021 entstanden“, berichtet Wiebke Thünnesen.

Wiebke Thünnesen, Corporate Project und CSR Managerin bei Babor

3 Fragen an Babor zum Thema Sustainability

1. Wie gelingt es euch, das Nachhaltigkeitsthema so entschieden voranzutreiben?

Wiebke Thünnesen: Das gelingt uns, weil alle an einem Strang ziehen und intrinsisch motiviert sind. Nachhaltigkeit wird im Unternehmen authentisch gelebt und von der Geschäftsführung mitgetragen und vorangetrieben. Insgesamt sind wir eine relativ junge Belegschaft, der das Thema am Herzen liegt.

2. Was ist euer Tipp für andere Unternehmen, die sich nachhaltiger aufstellen wollen?

Christoph Vormstein: Im ersten Schritt sollten sich Unternehmen über ihre Hauptemissionstreiber klar werden und diese angehen. Dazu braucht es nicht einmal unbedingt ein Dashboard, wie wir es haben. Außerdem bin ich der Meinung, dass wir uns alle viel mehr austauschen und voneinander lernen sollten. Und das beinhaltet nicht nur Erfolgsstories, sondern auch „Fail-Forwards“ zu teilen. Denn auf dem Weg zur Nachhaltigkeit sind wir alle keine Konkurrenten, sondern Partner, die sich für ein gemeinsames Ziel engagieren.

3. Wie ist das Verhältnis zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit? Bedingt das eine das andere?

Christoph Vormstein: Es gibt einen Zusammenhang zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit, aber keinen festen. Wenn man sie richtig einsetzt, kann Digitalisierung ein Tool, ein Erfüllungsgehilfe von Nachhaltigkeitszielen sein.

Welcome to Babor Climate Neutral Company

Ihr habt Interesse, euch in der digitalHUB-Fokusgruppe Sustainability & Social Entrepreneurship einzubringen? Dann sendet eine E-Mail an den Fokusgruppensprecher Stephan Multhaupt (stephan.multhaupt@deep-white.com), um über das nächste Treffen informiert zu werden.

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