So gelingt die Monetarisierung industrieller Daten

Glaubt man internationalen Studien und Prognosen zu den globalen volkswirtschaftlichen Machtverhältnissen, so fällt auf, dass viele der Profiteure der ersten und zweiten industriellen Revolution – wie z. B. Deutschland, Frankreich, Großbritannien oder auch Japan – in den letzten Jahren sukzessive ihre Spitzenplätze verlieren. Selbst der Platzhirsch USA wird spätestens 2024 seine Führungsposition an China abgeben. Dafür landen z. B. Indien und Indonesien dann unter den Top 5 der größten volkswirtschaftlichen Ökonomien. Auch wenn volkswirtschaftliche Veränderungen multifaktoriell sind, so verhärtet sich der Verdacht, dass gerade diese Länder, die sich mit der Digitalen Transformation bzw. Industrie 4.0 schwerer tun, am Ende schlechter wegkommen. Dabei hat eigentlich gerade das industrielle Deutschland einen nicht unwesentlichen Datenschatz, der monetarisiert werden könnte. Dieser Beitrag soll zeigen, wie diese Monetarisierung von industriellen Daten gelingen kann.

Vom Wert industrieller Daten

Der Vergleich „Daten sind das neue Öl“ wurde erstmal 2014 im WIRED Magazine von Joris Toonders gezogen. Seitdem begegnen mir unzählige Versuche diese Analogie zu diskreditieren: „Daten verbrauchen sich nicht wie Öl, der Vergleich hinkt“ ist dabei nur einer. Genau das bringt auf den Punkt, was die Monetarisierung von Daten so charmant macht. Wie Öl in unzähligen Produkten enthalten und für deren Branchen unerlässlich ist, z. B. in Kosmetik-Produkten (Bodylotion, Mascara und Duschgel), Kaugummi, Auto, Kleidung, Brotdosen aus Plastik oder Bettdecken, sind Daten ebenso die Basis und der Rohstoff für unzählige Datenservices, nur eben mit dem Vorteil, das Daten näherungsweise grenzkostenfrei repliziert werden können und somit Millionen von Menschen zeitgleich erreichen können. Die deutsche Ingenieurskunst ist immer noch international anerkannt, ihr Angebot aber ist auf Fertigkeiten und grenzkostenbehaftete Produkte beschränkt. Gelingt es, diese Fertigkeiten in Daten zu konservieren und den Nutzen, den die grenzkostenbehafteten Produkte stiften, in einen grenzkostenfreien Service zu überführen, stünde ein unermessliches Potenzial der Verwertung zur Verfügung.

Externe Festplatten sind keine Datenstrategie

Insbesondere deutsche mittelständische Industrien tun sich meiner Erfahrung nach mit der Digitalisierung des Maschinen- und Anlagenparks sehr schwer. Es fehlt häufig an einer Datenstrategie, die klärt, wie Daten erfasst, aufbereitet und gespeichert werden sollen. Dabei spielt es noch keine Rolle, ob diese Daten on Edge, in der Cloud oder wie von GAIA-X vorgeschlagen, souverän gespeichert werden. Wichtig ist immer erst mal, dass eine konsistente und nachvollziehbare Datenstrategie existiert und keine Daten mehr verloren gehen: Hierfür braucht es einheitliche Kommunikationsprotokolle (z. B. OPC-UA, MQTT, …) und Datenstandards (z. B. JSON, …), horizontal skalierende Speicher- und Rechenarchitekturen (z. B. Docker swarm, Kubernetes, …) und definierte Programmierschnittstellen (z. B. REST API, GraphQL, …) für die Zusammenarbeit mit Drittsystemen (z.B. BDE, ERP, …). Wird dies konsequent und kostengünstig umgesetzt, steht der Datenverwertung nichts mehr im Wege, außer man verfügt noch nicht über ein digitales Geschäftsmodell.

Die Cloud allein ist kein Geschäftsmodell

Die Cloud bietet am elegantesten eine horizontal skalierende Speicher- und Rechenarchitektur an, macht aber allein noch kein Geschäftsmodell aus. Während die o. g. Datenstrategie am häufigsten Bottom-up, also mit den und für die Maschinenexpert:innen, entwickelt werden sollte, muss die Geschäftsführung die Digitalisierungsstrategie vorgeben. Hier beobachten wir häufig, dass zwar das Wort Digitalisierungsstrategie benutzt wird, aber keine klare Vision oder Mission für digitale Produkte und Services vorliegt. Digitalisierung wird zu häufig als Optimierungs-Tool verstanden, dabei ist Digitalisierung eigentlich ein Change-Prozess vom produktbezogenen zum nutzungsbezogenen, also vom grenzkostenbehafteten zum grenzkostenfreien Geschäftsmodell. Und an der Stelle geht es dann meistens ohne Cloud nicht weiter.

Daten als (Rohstoff-)Produkt

Ähnlich wie Öl per se erstmal keinen Nutzen stiftet, sind Daten (im Rohformat) ebenfalls erstmal wertlos. Erst durch einen IoT-Service, der den Kontext und Verbrauch der Daten analysiert, lässt sich einMehrwert erzeugen, der monetarisiert werden kann. Genau wie beim Rohstoff Öl, können auch für Daten Märkte entstehen, die sich nur mit der Bereitstellung, Aufbereitung und der Logistik befassen, ohne damit direkte Mehrwerte lösen zu wollen. Schließlich geht ein nicht unwesentlicher Teil des Kapitals den Öllieferanten zu, ohne dass sie selbst daraus ein Smartphone, ein Tablet oder ein Auto bauen können. Plattformen, die sich nur mit dem Matchmaking, also der Bereitstellung von Daten, der Datenlogistik und der Abnahme der Daten durch eine:n Data Scientist, beschäftigen, nennt man aktuell Datenmarktplätze (z. B. DatenMarktplatz.NRW) und Datenräume.
Das Schöne daran ist, dass jede:r von uns an diesem Datenmarktplatz barrierefrei teilnehmen und seine Daten monetarisieren kann. So werden alle von reinen Konsument:innen auch zum Produzent:innen und es entsteht ein weltweites Netzwerk digitaler Wertschöpfung.

Dr. Daniel Trauth ist Mitbegründer der mehrfach ausgezeichneten Firma senseering GmbH. senseering ist ein junges HUB-Startup, das Unternehmen auf ihrem Weg zur digitalen und nachhaltigen Transformation begleitet. Dabei setzt die senseering GmbH auf aktuelle Schlüsseltechnologien wie 5G, Künstliche Intelligenz, Big Data, Cloud & Edge Computing und DLT/Blockchain.

 

Bildquelle Beitragsbild: © Mimi Potter/stock.adobe.com

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