Wenn Sie noch kein Online Marketing machen, ist es zu spät!

Spielen Sie Monopoly?

„Gehen Sie direkt über Los und behalten Sie das Geld, anstatt es in Online Marketing zu investieren!“ Gäbe es eine Edition „Digitales Marketing“ des beliebten Brettspiels Monopoly, könnte dies auf einer Ereigniskarte stehen. Was wäre Ihre Reaktion auf diese Karte in Ihrer Hand? Ärgern Sie sich über die verlorene Gelegenheit in dieser Runde? Oder haben Sie ohnehin (noch) keinen Bedarf an Online Marketing?

Bei der Analogie zum Monopoly kommt unweigerlich der Gedanke an Grundstücks- und Häuserpreise und die Frage, ob sich weiteres Investment in derartiges Inventar lohnt. Eine ganz zentrale Frage. Covid-19 hat dazu geführt, dass es auf den digitalen Straßen noch enger ist, mit Wirkung auf die Preise (hier z.B. die Kosten für „Clicks“). Dieser Beitrag zielt aber nicht auf vermeintlich gestiegene Kosten oder gesunkene ROIs im Digitalen Marketing. Die sehr guten Player sind immer noch profitabel.

Es ist ganz anders. Da sitzen Sie und spielen mit Ihren Wettbewerbern eine Runde Monopoly Edition „Digitales Marketing“ und alle sind investiert. Jemand betritt den Raum und dreht einfach so das Spielbrett um. Alle digitalen Häuser, Hotels und Spielfiguren purzeln durch die Gegend. Einige der Mitspieler:innen springen auf und wollen den Spielverderber zur Rechenschaft ziehen. Der aber verlässt wortkarg den Raum und Ihnen bleibt für das neue Spiel nur das Geld in Ihrer Bank. Im Augenwinkel konnten Sie aufgestickte Logos erhaschen: Google, Apple, Firefox, EU, State of California.

Warum diese Geschichte von einem „Game Changer“?

Einfach nur zu sagen, „das Digitale Marketing ist im Wandel“ oder „das Digitale Marketing steht am Wendepunkt“ ist zu schwach, letztendlich zu abgedroschen. Digitales Marketing ist seit 20 Jahren im Wandel. Es gab immer wieder „etwas Neues“ und die Branche hat sich im Lichte der unbegrenzten Möglichkeiten schon mehrfach multipliziert. Dieser Goldrausch findet nun ein abruptes Ende.

Angefangen hat es vor etwa drei Jahren, vollständig sichtbar wird es innerhalb der nächsten fünf. Digitales Marketing ist mit ultimativen „Game Changern“ konfrontiert. Dieser Beitrag dreht sich um die drei Wichtigsten:

1. Google und die Page Experience Updates

Unter dem sehr allgemein klingenden Begriff der „Page Experience“ hat Google als Mutter aller Suchmaschinen in den letzten drei Jahren ein massives Update seiner Sichtweise auf das Internet lanciert. Die bekannteste Marke mit dem höchsten Kundennutzen auf einem mobilen Endgerät macht zukünftig das Rennen um Platz 1 in den Suchergebnissen. Ist hier wirklich noch klassische Suchmaschinenoptimierung gefragt?

2. Die neue Black-Box mit dem Namen Google Ads

Und schon wieder Goolge: Vor wenigen Jahren hat man dort seinen bezahlten Marketingkanal in „Google Ads“ (früher „Adwords“) umbenannt. Im Hintergrund des harmlos anmutenden Rebrandings kultivierte man umfassende Veränderungen. Google Ads wurde zu einer Black-Box umgebaut. Die Kontrolle über Inhalte und Preise für Anzeigen ging auf die Algorithmen von Google über. Je mehr Google und je weniger Do-it-Yourself, desto besser. Adwords Manager:innen und Agenturen sind auf dem Abstellgleis.

3. Das Ende der Messbarkeit

Und das dicke Ende kommt zum Schluss: Tracking und Analytics – also die Frage der Messbarkeit des Online Marketings und der Profilierung der Nutzer:innen. Nicht nur die Einführung von GDPR auf europäischer Ebene (und übrigens immer mehr vergleichbarer Gesetzgebungen in Bundestaaten der USA), sondern auch das Bestreben der Browserfirmen und Endgeräteanbieter, allen voran Apple und Firefox, machen Tracking von Nutzer:innen immer schwieriger bis unmöglich. Die ehemalige Gallionsfigur des Digitalen Marketing – die totale Transparenz und Nachverfolgbarkeit – versinkt gerade im Meer, und damit ein ganzes Arsenal von Möglichkeiten.

Was steht auf der Rückseite des Spielbretts?

Es ist unvermeidbar, das Blatt (oder besser das „Spielbrett“) hat sich gewendet – die Regeln des Digitalen Marketing der nächsten 20 Jahre werden andere sein als die der letzten 20 Jahre. Auf der Rückseite des umgedrehten Spielbretts steht tatsächlich: „Monopoly – Edition klassisches Marketing“.

Digitale Front-Ends als Produkte verstehen (und managen)

Gefragt nach dem besten SEO-Prinzip empfiehlt Google schon seit einiger Zeit: „Bau einfach eine gute Seite und sei eine vertrauensvolle Marke“. Das bedeutet neben anderen Dingen, dass Unternehmen ihre Website als Produkt verstehen müssen und Prozesse und Prinzipien des klassischen Produktmanagements für digitale „Front-ends“ etablieren sollten. Digitale Pure-Plays sind hier insofern häufig im Vorteil, da die Website oder die App schon das eigentliche Produkt darstellen.

Klassische Brick-und-Mortar-Unternehmen sehen die eigene Website oder das Internet dagegen häufig ausschließlich als Kanal. Dabei kommen dann Fragen des originären Kund:innennutzen des eigenen digitalen Angebots und der Entwicklung eines wirklich sinnvollen digitalen Produkts naturgemäß zu kurz. Produktmanagement bedeutet auch hier kontinuierliche Investitionen in relevante und einzigartige Produkteigenschaften und Arbeiten mit Kund:innen zur Optimierung des eigenen Angebots aufihre Bedürfnisse hin. Schon mal so über die eigene Website nachgedacht?

An der Positionierung schleifen bis der Arzt kommt

Wenn Googles Algorithmen die Darstellung von Unternehmen demnächst komplett eigenständig aussteuern, dann reduzieren sich die Entscheidungen im Unternehmen (oder in den beauftragten Agenturen) wieder auf die eigentliche Positionierung der angebotenen Produkte und der Marketingbotschaften, die dieser Positionierung wahrnehmbar Ausdruck verleihen. Googles Algorithmen können Marketingbotschaften nicht neu erfinden, sie können nur arrangieren, iterieren und testen. Und dafür brauchen sie gut formulierten Input. Eigentlich keine schlechte Sache, so bleibt wieder mehr Zeit für das Wesentliche.

Nicht direkt messbare Erfolge approximieren

Und wenn die früher so leichte direkte Erfolgsmessung dann ungenau bis unmöglich wird, sollte man theoretische Modelle über die „Buying Journey“ (der Prozess wie einInteressent:innen zu Kund:innen werden) parat haben. Auf der Basis und mit Hilfe von erlaubter Datensammlung kann man – wie das klassische Marketing gelernt hat – Erfolge approximieren. Es ist schlimmer, gar nichts zu messen oder sich auf Daten zu verlassen, die nicht mehr aussagekräftig sein können.

Die letzte Runde in diesem Beitrag

Online Marketing ist heute Mainstream und deshalb ist es provokativ, seine Sinnhaftigkeit in Frage zu stellen. Allein durch Online Marketing kann man sich aber nicht mehr differenzieren. Die zentralen Fragen des klassischen Marketings treten wieder in den Vordergrund. Nehmen Sie sich also noch die nächste Runde Zeit, bevor Sie weiter investieren und verifizieren Sie, dass sie auch auf dem neuen Spielbrett optimal aufgestellt sind.

Über den Autor

Dr. Andreas Kessell ist Unternehmer, Gründer, Investor und Berater mit 20 Jahren Erfahrung in dem Bereich Digitales Marketing und E-Commerce. Er ist Mitgründer und bis zum erfolgreichen Exit Geschäftsführer der antibodies-online GmbH gewesen und heute an weiteren Internetunternehmen beteiligt.

 

Bildquelle Hintergrund: © dvlcom/stock.adobe.com

 

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