Startup made in Aachen: specter automation

Die Story

Die Bauindustrie in das digitale Zeitalter heben – das ist kurz gesagt die Mission der specter automation GmbH, die im Mai 2021 von Oliver Eischet, Max Gier, Niklas Beese, Moritz Cremer und Emanuel Groh in Aachen gegründet wurde und mittlerweile ihren Sitz in Köln hat. Das Bau-Technologie-Startup (ConTech) entwickelt seither gemeinsam mit Bauleiter:innen und Polier:innen aus ganz Deutschland ein modellbasiertes Assistenzsystem für die Baustelle. Die B2B-Software macht digitale Planungs- und Kalkulationsdaten auf der physischen Baustelle effektiv nutzbar, erfasst automatisch den Baufortschritt und lernt aus den gesammelten Daten zur Prozessoptimierung. Per Klick auf ein beliebiges Bauteil sind alle Informationen intuitiv abrufbar, um die Baustelle digital zu steuern.

Seit der Gründung verzeichnet specter automation eine beachtliche Erfolgskurve: Direkt im Gründungsjahr konnte sich das Startup nach Durchlaufen des WHU Accelerators eine Pre-Seed-Finanzierung im hohen sechsstelligen Bereich sichern und erhielt zudem das Gründerstipendium NRW. Anschließend partizipierte das Startup beim xdeck Accelerator in Köln und dem Plug & Play Accelerator im Silicon Valley und wurde vom Bundeswirtschaftsministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) als eines der innovativsten Startups ausgezeichnet. Anfang 2023 sammelte das Startup dann ein Seed-Investment in Höhe von 2,7 Millionen Euro ein, das vom TechVision Fonds (TVF) angeführt wurde.

Aktuell ist specter automation eines von elf Startups der zweiten Kohorte des Landesprogramms Scale-up.NRW, bei dem besonders wachstumsstarke Startups intensiv gefördert und dabei unterstützt werden, die Anforderungen einer schnellen und internationalen Skalierung zu adressieren. In den nächsten Monaten möchte specter automation Vertrieb und Marketing verstärken und die Expansion aus dem deutschen Markt heraus angehen.

Das Angebot

80 Prozent aller Bauprojekte in Deutschland liegen über dem Budget und 60 Prozent über der Zeit. Der derzeitige Bruch zwischen der Planung und Ausführung von Bauprojekten führt dazu, dass 96 Prozent aller Daten in der am zweitschlechtesten digitalisierten Industrie der Welt ungenutzt bleiben. Mit seiner Software-Lösung für die Digitalisierung und Optimierung von Prozessen auf Baustellen, trifft specter automation also einen wichtigen Nerv und bricht die ‚Black-Box‘- Baustelle auf. Im specter Dashboard lassen sich alle Bauprozesse digital managen: Per einfachem Klick auf ein Bauteil im 3D-Modell erfahren Bauleiter:innen alle relevanten Informationen wie Arbeitsschritte, Materialmengen und Zeit- und Kostenangaben. Alle Daten werden somit an einem Ort gebündelt, um schnell eine Übersicht über den erwarteten und tatsächlichen Fortschritt der Baustelle zu erhalten und datenbasiert Entscheidungen zu treffen. Die Datenumgebung verknüpft dabei die drei Kernelemente jeder Baustelle: Terminplan, 3D-Modell und Detailplan.

Die Software-Lösung hat specter automation getreu dem Motto „aus der Industrie, für die Industrie“ im intensiven Austausch mit verschiedensten deutschen Bauunternehmen entwickelt. Besonderes Augenmerk wurde dabei auf die Baustelle selbst gelegt, wo das Gründerteam verschiedene Praktika absolvierte, bevor die Ideen überhaupt entwickelt und das Startup schließlich gegründet wurde. So trifft die Lösung zielgenau die Bedürfnisse der Nutzer:innen, schafft Transparenz für alle Projektbeteiligten und hilft dabei, Prozesse zu analysieren und optimieren sowie das Bauprojekt im Zeit- und Kostenrahmen abzuschließen.

Die Kunden

Eines der ersten Pilotprojekte von specter automation war der Einsatz der Software für den Bau einer Logistik- und Produktionshalle. Daraufhin folgten weitere prestigereiche Projekte wie das „Le Quartier Central“ in Düsseldorf, eines der größten Neubauprojekte in NRW, sowie die Sanierung und der Neubau des Dreikönigsgymnasiums, der ältesten Schule der Stadt Köln. Zukünftig entsteht mit specter-Partner Züblin nahe Weilerbach ein US-Militär-Krankenhaus auf einer Gesamtfläche von 12 Hektar – eine eigene Kleinstadt also. Mittlerweile ist specter aber auch im Infrastrukturbereich unterwegs und bietet das Assistenzsystem für den Bau von Straßen und Brücken an.

Die Gründer

Beim Gründungsteam trifft Bauexpertise auf Innovationsgeist und Softwareentwicklung. Die fünf Gründer von specter automation, Oliver Eischet (Geschäftsführer), Max Gier (Leiter Technologie), Niklas Beese (Leiter Kundenbetreuung), Moritz Cremer (Leiter Produkt) und Emanuel Groh (Leiter Finanzen) kommen aus dem Bereich der Ingenieurswissenschaften und Wirtschaftswissenschaften mit familiärem Hintergrund in der Immobilien- und Bauwirtschaft. Studiert haben die Gründer an der RWTH Aachen University und der WHU – Otto Beisheim School of Management.

Das Team

Das specter-automation-Team besteht aktuell inklusive der Gründer aus über 20 Mitarbeiter:innen aus den Bereichen Softwareentwicklung, Bauingenieurwesen und Betriebswirtschaftslehre. Die Philosophie des jungen Unternehmens basiert auf vier Eckpfeilern: kooperativ, intuitiv, datenbasiert und persönlich.

Nachgefragt

Wie und wann seid ihr auf die Geschäftsidee gekommen?

„Als wir 2020 Turmdrehkräne zunächst fernsteuern und dann automatisieren wollten, sind wir ehrlich gesagt kläglich gescheitert. Wir haben gelernt, dass sich die Technologie, an der wir selbst jahrelang in der Automobilindustrie mitgearbeitet haben, nicht eins zu eins auf die Bauindustrie übertragen lässt. Also haben wir einen neuen Ansatz gewählt: raus auf die Baustelle gehen und die Nutzer:innen die Software selber gestalten lassen. Wir haben uns die Hände dreckig gemacht, Bauleitern und Polieren in unzähligen Baustellentagen über die Schulter geschaut und gemerkt: Digitalisierung wird in der Bauindustrie nur dann gelebt, wenn die Baustelle und ihre Akteure im Mittelpunkt stehen.“

Welche Tipps könnt ihr anderen Startups für den Kontakt mit Investoren geben?

„Vor allem für Startups in der Frühphase ist es wichtig, deutlich mehr Zeit für die Finanzierung einzuplanen, als sie erwarten würden. Wenn sie den Finanzierungsprozess selbst steuern und koordinieren, Verantwortung übernehmen, klare Erwartungen stellen, sich gründlich vorbereiten und konsequent nachfassen, wird der Prozess effizienter und zeugt von Professionalität. Außerdem haben wir gelernt, dass es oft besser ist, proaktiv eine klare Antwort zu erzwingen, auch wenn es ein „Nein“ ist, als zu viel Zeit in Ungewissheit zu verbringen. Letzten Endes sind Investoren jedoch auch „nur Menschen“, weshalb Networking sowie der Aufbau und die Pflege von Beziehungen einer der wichtigsten Schlüssel zum Erfolg sind. Wir haben fast ein Jahr vor dem Abschluss unserer Seed-Runde mit unserem Hauptinvestor TechVision Fonds (TVF) angefangen zu „daten“ und hatten viele Berührungspunkte dazwischen, was den Prozess für alle Beteiligten sehr vertrauensvoll und kooperativ gemacht hat.“

Was war bisher eure größte Herausforderung auf dem Gründungsweg?

„Unsere größte Herausforderung auf dem Gründungsweg bestand darin, überhaupt den Einstieg in die recht konservative Bauindustrie zu finden. Wir mussten ohne ausgereiftes Produkt und ohne Track Record Partner gewinnen, die an uns und unsere Vision glauben und bereit waren, Ressourcen zu investieren. Wir leisteten viel Überzeugungsarbeit, um Vertrauen aufzubauen und unsere Lösung als wertvollen Beitrag zur Effizienzsteigerung und Digitalisierung des Bauprozesses zu positionieren. Insbesondere die SCHLUN Baugruppe sowie Nesseler unterstützten uns mit ihrer Erfahrung und Expertise sowie dem Zugang zu Daten und Baustellen, um unsere Software zu entwickeln, das Geschäftsmodell zu validieren sowie stetig zu verbessern.“

Was sind eure nächsten Schritte?

„Um das Wachstum unseres Startups voranzutreiben, erweitern wir derzeit unser Team in den Bereichen Vertrieb, Customer Success und Softwareentwicklung. Wir arbeiten intensiv an der Expansion mit unseren Bestandskunden sowie an der Akquise von Neukunden, vor allem in der DACH-Region. Im Mittelpunkt all unserer Bemühungen stand und steht jedoch der Mehrwert der Software für die Baustelle, weshalb wir weiterhin im täglichen Austausch mit unseren Anwendern:innen als unseren wichtigsten Kritikern und Produktentwicklern stehen. Unser Software-Entwicklungsteam plant in den kommenden Monaten eine Vielzahl weiterer Automatisierungen, um den gesamten Bauprozess abzudecken und ein noch breiteres Spektrum an Projektbeteiligten anzusprechen.“

Oliver Eischet, Geschäftsführer von specter automation

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